Beste Bewertungen für Gebeshuber Zierfandler Ried Modler 2016 (bio):
Alles oder nichts
Wer sein Weingut im idyllischen Örtchen Gumpoldskirchen (30 Kilometer südlich von Wien) hat, negiert Zierfandler entweder komplett oder konzentriert sich voll und ganz auf die weiße Rarität. Der charismatische Winzer Johannes Gebeshuber (50) hat zweiteres im Sinn.
Seit der Gründung seines Weinguts vor 20 Jahren arbeitet er mit teils bis zu 80 Jahre alten Rebstöcken der Sorte Zierfandler. Zunächst verschnitt sie Gebeshuber zu einer Cuvée, wie es in Gumpoldskirchen eigentlich immer üblich war. Erst 2004 fokussierte er auf die vollmundige, animierende Sorte und vinifizierte erstmals einen reinsortigen Zierfandler. Der schmeckte ihm aber nicht.
Zu viel Gerbstoff, zu viel Holz, zu verschlossen, fand Gebeshuber seinen Zierfandler. “Heute, nach 14 Jahren schmeckt er. Jetzt ist der Wein trinkreif”, sagt er. (An dieser Stelle sei verraten, dass es noch 100 Flaschen von der gereiften Premiere gibt).
Ganze sechs Jahre verarbeitete Gebeshuber danach nicht mehr reinsortig. Weil sich Gebeshuber nach und nach mit dem Konzept von Lagenweinen beschäftigte, ging er reinsortigen Zierfandler aus der Riede Modler mit dem Jahrgang 2010 wieder an. 2016 – der siebente Jahrgang des Gebeshuber Zierfandler Ried Modler – schmeckt laut Falstaff Wein Guide 2018/2019 nach „feiner, gelber Tropenfrucht, Anklänge von Ananas, zart nach Mandarinenzesten, Blütenhonig. Saftig, dabei elegant und kraftvoll, straffe Textur, mineralischer Touch im Abgang, gute Frische und Länge, sicheres Reifepotenzial.”
Seit 2006 bewirtschaftet Gebeshuber übrigens alle seine Weingärten bio, seit 2017 biodynamisch.
Bewegte Geschichte
Zierfandler hat eine bewegte Geschichte hinter sich: Über 100 Jahre lang genoss die in Österreich nur in und rund um Gumpoldskirchen vorkommende Sorte großes Renommee. Sie war zusammen mit Rotgipfler Verschnittpartner im berühmten Gumpoldskirchner Wein, der am Kaiserhof genauso geschätzt und getrunken wurde wie 1961 von den damals mächtigsten Männern der Welt, John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow, bei ihrem Treffen in Wien.
In den 1970er Jahren folgte der Absturz. Die seltene Sorte wurde im Ertrag aufgeblasen, zahlreiche mittelmäßige Cuvées verwässerten nach und nach den formidablen Ruf. Selbst Gastbetriebe in der Thermenregion führten auf ihren Weinkarten Weine aus der Wachau, der Steiermark oder dem Burgenland, Zierfandler gab es eigentlich nur mehr bei den örtlichen Heurigen. Der Ruf des Gumpoldskirchners zerstört. Weil es flächenmäßig immer schon wenig davon gibt, konnte sich zwischenzeitlich eine Handvoll ambitionierter Winzer in aller Ruhe der Sorte und ihren Qualitäten widmen.
Heute weist Gumpoldskirchen und Umgebung glücklicherweise eine seriöse Zahl an Zierfandler-Winzern auf, die mit einer stetig wachsenden Jahrgangstiefe das langlebige Potential der raren Spezialität untermauern. Johannes Gebeshuber zählt zur Speerspitze.
Preis und Bezugsquellen (0,75 Liter ca. € 30):
Über das Weingut Gebeshuber:
Johannes Gebeshuber (50) bewirtschaftet 25 Hektar Weingärten in einem Ort mit klingendem Namen: Gumpoldskirchen. Weintechnisch hatte der knapp 4.000 Einwohner große Ort südlich von Wien im letzten Jahrhundert seine Blütezeit. Der Verschnitt aus Rotgipfler und Zierfandler (auch Spätrot genannt), der sogenannte „Gumpoldskirchner“, war einer der geschätztesten und gesuchtesten Weine des Kaiserreichs.
Der studierte Wirtschafter Johannes Gebeshuber begann vor über 20 Jahren als Autodidakt, seit 2006 bewirtschaftet er seine Flächen biologisch (noch eher eine Seltenheit in der Thermenregion), seit 2017 arbeitet er nach Demeter-Richtlinien (biodynamisch). Seine ganze Leidenschaft gilt den raren und typischen Sorten Gumpoldskirchens, Zierfandler und Rotgipfler. St. Laurent und Pinot Noir ergänzen das Sortiment von rund zehn Stillweinen.
Mit der Gründung seines Weinguts erwarb Gebeshuber auch eines der prächtigsten Häuser in Gumpoldskirchen. Das mächtige Kellerhaus, Baujahr 1905/1906, hütet einen ganz besonderen Schatz: Rotgipfler und Zierfandler, gekeltert vom örtlichen Weinbauverein, zurück bis 1945. Die gereiften Weine zeigen das großartige Reifepotential von Zierfandler und Rotgipfler. Johannes Gebeshuber hat sich zum Ziel gesetzt, Gumpoldskirchen wieder zu seinem alten Renommee zurück zu verhelfen und Zierfandler bzw. Rotgipfler auf jede gute Weinkarte Österreichs zu bringen. www.weingut-gebeshuber.at
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Das Weinbaugebiet Thermenregion
Das Gebiet wurde 1985 gegründet, liegt am südlichen Stadtrand von Wien und gehört mit seinen 2.200 Hektar Rebfläche zur Weinregion Niederösterreich. Im Westen wird es vom Wienerwald begrenzt, die östliche Grenze bildet die Pannonische Ebene. Das sanfte Klima und die Vielfalt an fruchtbaren Böden begünstigen im südlichen Teil des Gebietes den Anbau von Pinot Noir und St. Laurent, der Norden wird neben Chardonnay von Rotgipfler und Zierfandler dominiert. Früher Südbahn genannt, ist das Weinbaugebiet entlang der Nord-Süd-Eisenbahnstrecke zwischen Wien und Triest nach wie vor vielen Menschen als Naherholungsgebiet sowie als Sommerfrische-Region bekannt. Neben charmanten Kurorten lädt vor allem der wichtige Erholungsraum Wienerwald zum Aus- und Entspannen ein.
Über Zierfandler
Seit über zweihundert Jahren wird in und rund um Gumpoldskirchen Zierfandler kultiviert. Man vermutet die Zisterzienser hinter der Sorte. Der Orden wusste die Gegend für sein Weinbaupotential rund um Thallern (zum Ort Gumpoldskirchen gehörend) schon im 12. Jahrhundert zu schätzen. Knappe 80 Hektar Zierfandler gibt es heute in und rund um den Ort. Gebeshuber kultiviert 7,5 Hektar. 0,4 Hektar Hektar sind auf Ried Modler ausgepflanzt. Die Kreuzung aus rotem Veltliner und einer Traminer-ähnlichen Sorte ist extraktreich, weist eine erfrischende Säure auf und bringt bei sorgfältiger Behandlung großes Lagerpotential mit sich.